Ewald Dietrich leitet seit 2003 die Geschicke des Mainzer Unterhauses.

Mainz persönlich: Ewald Dietrich. Theatermacher.

Das Mainzer Unterhaus gehört zum Besten, das Mainz in kultureller Hinsicht zu bieten hat. Nun hat die Saison wieder begonnen: Unter dem Motto „Aufgepasst – hier ist´s nicht angepasst!“ läutet Abend für Abend eine Glocke die Vorstellungen ein. Kabarett, Lied und Chanson, Comedy und alle Mischformen der Kleinkunst werden in der besonderen Atmosphäre des Gewölbekellers seit 1966 gepflegt. Seit 2003 ist Ewald Dietrich hier der Macher. Mainz persönlich war im Gespräch mit ihm.

Das Unterhaus gehört zwar mittlerweile ähnlich zu Mainz wie der Dom – wo aber kommt der Name genau her?

Ewald Dietrich  Am besten könnten das jetzt die Gründer sagen, aber die sind schon lange nicht mehr in Amt und Würden. Der Name ist zur Zeit der Gründung des Hauses am 30. Januar 1966 entstanden. Früher war das hier ein „Roten-Socken-Kabarett“ und die Botschaft hieß: „Die Politik geht ins Oberhaus – wir machen Politik im Unterhaus“. Und das ist ein feiner Titel, oder? „Unterhaus“ ist der Name für das große Theater, „Unterhaus im Unterhaus“ steht für das kleine Theater.

Im lichten Foyer sind alle Plakate zu Veranstaltungen der letzten Jahrzehnte zu sehen.

Im lichten Foyer sind alle Plakate zu Veranstaltungen der letzten Jahrzehnte zu sehen.

Wie sind Sie zum Unterhaus gekommen?

Ewald Dietrich  Ich habe das Unterhaus im Jahr 2003 übernommen, als die drei Gründer müde waren. Sie waren seit 1966 am Start, anfangs ehrenamtlich, später nach und nach alle in Vollzeit. Ein Haus mit bis zu 520 Veranstaltungen im Jahr zu führen, das kann schon eine Bürde sein. Als ich dann gefragt wurde, ob ich Geschäftsführer des Unterhauses werden will, hat man als Mainzer schon Adrenalin in den Ohren. Ich wusste nicht genau, welche Arbeit dahinter steckt. Es war jedoch eine kluge Entscheidung. Ich konnte meine kaufmännischen Kenntnisse dem Theater zur Verfügung stellen, um es auf seinem Weg Richtung 50.ster Geburtstag, den wir im Januar 2016 feiern, gut zu begleiten.

Wie lautet das Konzept?

Ewald Dietrich  Wir sind eine klassische Gastspielbühne. Nur manchmal haben wir eine Eigenproduktion. Wir gehen jetzt ins elfte Jahr mit der 111. Veranstaltung von „Feucht und Fröhlich“, einer Posse auf die Meenzer Fassenacht. Das macht aber nur etwa drei Prozent unseres Spielplans aus. Der Rest als Gastspielbühne bedeutet, dass die Programmplanung mit Agenturen in Deutschland in Kontakt steht, über die wir Künstler vermittelt bekommen, die mit einem fertigen Programm zu uns kommen. Wir stellen das Drumherum – vom eigenen Vorverkauf bis hin zur Veranstaltung am Abend.
Die Majorität sind zwei bespielte Abende in jedem der beiden Häuser, montags bis samstags, 6,6 Tage die Woche. Manchmal spielen wir auch sieben Tage durch. Wir haben zwei Spielzeiten, das ist von September bis Anfang Januar und dann vom Januar bis Juni. Jeweils 40 % unserer Gäste kommen aus Mainz und aus Rheinhessen, 15 % von der „eebsch Seit“ und 5 % bundesweit.

Ewald Dietrich engagiert sich auch für den Förderverein des Unterhauses.

Ewald Dietrich engagiert sich auch für den Förderverein des Unterhauses.

Hat sich das Programm in den letzten Jahren verändert?

Ewald Dietrich Schlechte Zeiten sind gute Zeiten fürs Kabarett. Seitdem ich hier bin, haben wir nur schlechte Zeiten. Es gibt das politische Fettnäpfchen hier und das wirtschaftliche Desaster dort – der Kabarettist der will, findet auch seine Themen. Kabarett steht mitten im Leben. Themen kommen und Themen gehen – aber die Schwerpunkte bleiben.

Kommen wir zu den persönlichen Fragen: Wie sieht der beste Moment des Tages für Sie aus?

Ewald Dietrich Das ist das Frühstück mit meiner Frau.

Wodurch fühlen Sie sich inspiriert?

Ewald Dietrich  Ich mache gerne Dinge, die zum Schluss auch funktionieren. Ob das in der sozialen Komponente ist – ich habe drei große Hilfswerke hervorgebracht und zwei Stiftungen gegründet – oder in der Kultur. Kultur ist für mich nicht das Sahnehäubchen, sondern eher der Gärteig – und das alles zur Verfügung stellen zu dürfen, dafür zu sorgen, das alles funktioniert – das treibt mich an.

Das "große" Unterhaus.

Das „große“ Unterhaus.

Was lieben Sie an Mainz?

Ewald Dietrich  Alles. Das Dumgebabbel auf dem Markt genauso wie am Rhein spazieren gehen. Die kurzen Wege. Ich genieße es, dass man hier innerhalb von fünf Minuten quasi alles erreichen kann. Man schlägt hier jeden Tag voll Spannung die Tageszeitung auf und man lebt und leidet miteinander. Ich habe die ganze Welt gesehen – aber ich komme immer wieder gerne heim!

Wie sieht ihr perfekter Tag in Mainz aus?

Ewald Dietrich Am Sonntag zuhause sein. Ich nenne mein Haus Urlaubshaus – dann mal einen Tag gar nichts tun. Einen perfekten Tag im Büro gibt es allerdings auch: Kein Tag läuft hier gleich ab. Zu einem perfekten Tag können viele Aspekte gehören.

Die rote Bar im "Unterhaus im Unterhaus"

Die rote Bar im „Unterhaus im Unterhaus“

Und wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Ewald Dietrich Gesund bleiben. Und ich will all das, was ich jetzt mache, noch ziemlich lange machen. Ich gehe morgens nicht zur Arbeit, sondern ich lebe mein Leben. Ich schaffe das alles, weil ich es gern tue und weil ich erfolgreich damit sein möchte.
Weiterhin viel Erfolg und danke für das Gespräch!

Neugierig? Dann nix wie hin!
Unterhaus
Münsterstraße 7
55116 Mainz
Tel. 06131 232121
Internet: www.unterhaus-mainz.de/

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