Jochen Seehuber und Eduard Zeiler - die Macher von Capitol und Palatin

Mainz persönlich: Eduard Zeiler und Jochen Seehuber. Kinomacher.

Das Capitol ist das älteste Mainzer Kino – und auch das Palatin kann mit einer wahrlich außergewöhnlichen Historie aufwarten. Dieser Tage feiern die beiden Programmkinos  Geburtstag: Seit sechs Jahren stehen die beiden Mainzer Urgesteine der Kinoszene dann unter der Leitung von Eduard Zeiler und Jochen Seehuber.

Das CAPITOL ist das älteste Mainzer Kino und auch das PALATIN blickt auf eine sehr abwechslungsreiche Geschichte zurück. Wie seid ihr darauf gekommen, ausgerechnet diese zwei Kinos zu übernehmen?

Eduard Angefangen hat alles mit einem Zeitungsbericht über das Capitol. Das stand zu diesem Zeitpunkt bereits über ein Jahr lang still. Wir waren damals drei kinoaffine Studenten und haben darin eine echte Chance gesehen. Dann haben wir Kontakt mit dem damaligen Betreiber aufgenommen, der eben außer dem Capitol auch noch das Palatin, also die früheren City-Kinos, betrieben hat. Nur das Capitol – das ja als Kino nur einen einzigen Saal hat – zu übernehmen, erschien uns als zu riskant. Nach ziemlich zähen Verhandlungen haben wird dann tatsächlich beide Kinos übernehmen können und sind mit beiden zeitgleich gestartet.

Keine Mainstream-Kinos - sondern anspruchsvolles Programmkino findet im Capitol und Palatin statt.

Keine Mainstream-Kinos – sondern anspruchsvolles Programmkino findet im Capitol und Palatin statt.


Jochen
Beim Capitol und beim Palatin handelt es sich um Kinos mit unterschiedlicher Aufteilung und Ausstattung. Der publikumsträchtigste Film startet zwar meistens im größten Saal, also im Capitol, und wandert von da aus weiter in die kleineren Säle des Palatin, das ja vier, sehr unterschiedlich große Räume hat. Genau diese Konstellation ist es aber, die uns insgesamt so ein unterschiedliches Programm ermöglicht. Genau das gibt es so im Umkreis – und selbst in Frankfurt – so nicht.

OK. Ihr habt also eine Anzeige gelesen und gedacht: Super, jetzt machen wir Kino!

Eduard Nein, ganz so war es natürlich nicht. Jochen und ich haben uns schon immer fürs Kino interessiert. Außerdem habe ich schon früher als Schüler in meiner Heimat im Kino gearbeitet. Nach dem Abitur war ich für drei Monate in einem Stuttgarter Kino beschäftigt. Dann bin ich zum Studium nach Mainz gekommen und Jochen und ich haben uns hier im Ciné Mayence kennen gelernt. Wir sind also nicht ganz so naiv und unvorbereitet ins Kinogeschäft eingestiegen.

Jochen In einem Kino habe ich tatsächlich erst in Mainz neben dem Studium gejobbt. In Augsburg habe ich gut zwei Jahre gewohnt und in einer Werbeagentur gearbeitet. Dort war ich ständig als Zuschauer in den Kinos. Augsburg hat eine mit Mainz vergleichbare Einwohnerzahl und eine sehr lebendige Kino-Kultur, was Mainz bei meinem Umzug eben nicht hatte. Augsburg diente quasi als positives Beispiel für unsere Kino-Übernahme. Es war also absolut nicht unlogisch, dass ausgerechnet wir ein Kino eröffnen. Und jetzt funktioniert das seit mittlerweile sechs Jahren ganz gut.

Wie lautet euer Konzept?

Jochen Es war nie unser Plan, ein Mainstream-Kino zu eröffnen. Wir sind also ein reines Programm-Kino und nehmen zwar auch mal einen Mainstream-Film auf, haben aber dabei immer die kulturelle Relevanz im Visier. Wir zeigen solchen einen Film dann zum Beispiel im Original. Außerdem gibt es bei uns Lesungen oder Konzerte und Filmdiskussionen mit Regiegästen.

Very special ist die Geschichte des Palatins. Die vier Kinosäle bieten den Kinobetreibern alle Möglichkeiten.

Very special ist die Geschichte des Palatins. Die vier Kinosäle bieten den Kinobetreibern aber alle Möglichkeiten.

Eduard Als Arthouse-Programmkino haben wir mit diesem Konzept in Mainz und Wiesbaden auf jeden Fall schon mal ein Alleinstellungsmerkmal und sind wir führend. Ein Programmkino ist dann gut, wenn es seinen eigenen Charakter entwickelt. Und so versuchen wir das halt auch.

Würde das Konzept denn auch in einer anderen Stadt gut funktionieren?

Jochen Wir versuchen ein Kino zu sein, das für eine kleine Stadt wie Mainz durchaus bemerkenswert ist. Was Kultur betrifft, gibt es durch die Größe der Stadt Grenzen – es gibt Sachen, die würden in Berlin funktionieren, aber hier wahrscheinlich nicht. Aber die Spielräume, die wir haben, versuchen wir auszureizen.

Das CAPITOL ist ja nun – wie schon gesagt – Mainz ältestes Kino. Habt ihr viel verändert?

Eduard Im Eingangsbereich haben wir die Theke komplett neu gemacht. Die alte Stofftapete ist natürlich geblieben und dürfen wir nicht abreißen, sonst kommen die Mainzer Zuschauer nicht mehr. Als wir damals im Umbau waren, kamen doch tatsächlich welche und haben uns damit gedroht.

Jochen Sie ist wirklich uralt und wir müssen sehen wie wir sie erhalten. Der eine oder andere Riss ist leider drin…

Eduard Mit einer neuen Bestuhlung beschäftigen wir uns derzeit aber für beide Kinos. Die haben jeweils einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Da sind wir dran – aber leider ist dafür auch mit immensen Kosten zu rechnen.

Kult für die Mainzer - die alte Bestuhlung und die fabelhafte Stoffblumentapete.

Kult für die Mainzer – die alte Bestuhlung und die fabelhafte Stoffblumentapete.

Selbständig zu sein heißt ja in der Regel „selbst und ständig“. Wie sieht das bei euch aus?

Eduard Wir legen natürlich bis heute viel Hand an. Das fängt beim Putzen der Kinos an, geht über das Starten der Filme bis zum Kassieren. Mittlerweile haben wir auch Mitarbeiter, die uns dann mal – im Gegensatz zum Anfang unserer Selbständigkeit – ablösen. Aber es ist uns auch wichtig, dass wir weiter an der Basis sind. Das Gefühl für die Kunden und das Kino selbst soll uns immer erhalten bleiben.

Kommen wir zu den persönlichen Fragen:  Wie sieht der beste Moment des Tages für euch aus?

Jochen Das Feierabendbier ist durchaus ein schöner Moment. Oder donnerstags habe ich auch immer mal einen guten Moment, wenn die neuen Filme starten, und es ist ein richtig guter Film dabei, der das Kino gefüllt hat.

Eduard Also für mich ist es tatsächlich der Montag. Da liegen mir die Zahlen vom Wochenende vor und wenn die gut sind, dann fühlt sich das gut an.

Was inspiriert euch im Job – oder im Alltag.

Eduard Die Zahlen, wie schon gesagt. Aber wir sind ja auch kulturell sehr interessiert. Das ist für uns als Kino- und Geschäftsmenschen ein fließender Übergang.

Jochen Der Film steht als Kunstform nie alleine da. Wer sich mit Kino auskennt, kennt sich auch mit Literatur und Musik aus. Das ist alles eins. Und deswegen kann meine Inspiration alles sein – hängt aber in jedem Fall mit Kultur zusammen.

 Ihr lebt und arbeitet in Mainz. Was liebt ihr an Mainz?

Eduard Die Entwicklung von Mainz gefällt mir – Mainz ist in den letzten Jahren aufgeblüht. Nicht nur kulturell, sondern auch kulinarisch.

Jochen Ich finde den Rhein das Beste am Mainz.

Wie würde euer perfekter Tag in Mainz aussehen?

Eduard Eine ausverkaufte Vorstellung im Kino. Und dann zum Portugiesen hier um die Ecke.

Jochen
Hier im Kino einen schönen Film anschauen oder mit Blick auf Mainz auf der anderen Rheinseite entlang spazieren.

Und wie sieht es so mit euren Plänen für die Zukunft aus?

Eduard Vor eineinhalb Jahren haben wir die Digitalisierung hinter uns gebracht, das war eine Riesenherausforderung für alle kleinen Kinos und auch für uns. Jetzt steht die Bestuhlung an und dann stehen wir schon ganz gut da. Natürlich wissen wir nicht, was in den nächsten Jahrzehnten auf uns zukommt und wie die Kinolandschaft dann aussehen wird. Das Kino wurde schon oft tot gesagt und ist immer noch da. Und solange wir gut davon leben können und die Seele im Gleichgewicht ist, kann es so weitergehen. Als wir angefangen haben zu studieren, hat sicher keiner gedacht, dass wir durch ein Kino mal in Mainz bleiben.

Jochen
Ich sehe das ganz genauso. Was wir hier auch schon an Arbeit und Geld investiert haben, da macht man nicht einfach etwas anderes. Und es macht uns beiden Spaß – warum sollten wir da etwas anderes machen…?!

Neugierig geworden? Dann nix wie hin! 

CAPITOL
Neubrunnenstraße 9
55116 Mainz

PALATIN
Hintere Bleiche 6-8
55116 Mainz

Programm, Öffnungszeiten und mehr hier

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