Best of Mainz Stefanie Jung Heimatwanderin

Mainz persönlich: Heike Tharun. Heimatwanderin.

Heike Tharun ist in Mainz geboren und aufgewachsen. Die Mainzerin hat sich durch das Wandern selbst von ihrer Höhenangst befreit. Heute gibt sie ihr Wissen weiter und hilft anderen Menschen dabei, ihre Ängste zu überwinden. Als «Heimatwanderin» ist sie im WorldWideWeb ebenso aktiv unterwegs wie vor ihrer eigenen Haustüre. Auf einer ihrer Wanderungen haben wir uns in der Mitte getroffen: In Rheinhessen. Inmitten der Nieder-Olmer Weinberge.

Liebe Heike, wo kommst du jetzt her?

Heike Tharun Ich komme heute aus Gau-Odernheim, gestartet bin ich aber schon vorgestern früh in Orbis, in der Pfalz. Dort entspringt die Selz. Ich mache eine Wanderung von der Quelle bis zur Mündung der Selz bei Ingelheim und damit die erste 3-Tages-Wanderung meines neuen Wanderlebens. Für mich ist die Tour die Krönung des Jahres, das ich ganz dem Schwerpunkt Rheinhessen gewidmet habe.

Du wanderst aber nicht erst seit kurzem, das Wandern ist dein Lebensthema, so wie ich das wahrnehme…

Heike Tharun Das ist es seit fünf oder sechs Jahren tatsächlich. Man kann sagen, dass ich auf Wanderschaft gegangen bin. Die Idee ist angelehnt an die Handwerksgesellen, die – um Erfahrungen zu machen und um die Welt kennen zu lernen, auf die Walz gehen.

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Gab es dafür einen Anlass?

Heike Tharun Ja, es gab tatsächlich einen. Vor fünf, sechs Jahren habe ich mir Fragen gestellt in der Form „Wie geht es weiter?“, „Was will ich beruflich weiter machen?“… Was mich damals blockiert hat war auch die Situation,  jeden Tag am gleichen Fleck zu sitzen, 8 Stunden und mehr davon am PC, ohne unmittelbare Verbindung zum Leben draußen. Nach erfüllten Berufsjahren war es für mich plötzlich eine Zeit wie in einem Hamsterrad. Dabei bin ich ein Mensch, der gerne direkte Erfahrungen macht. Ich bin also auf Wanderschaft gegangen, um neue Erfahrungen zu machen, um da raus zu kommen und um herauszufinden, was ich eigentlich will. Mit der Entdeckung des Wanderns habe ich mich da „quasi raus gewandert“.

Beim Wandern alleine ist es dann ja aber nicht geblieben. Da ist ganz schnell mehr daraus geworden, oder?

Heike Tharun  Durch Zufall bin ich auf zwei Menschen gestoßen, Petra und Arne, die eine SportMental-Coach-Ausbildung anbieten. Es ging dabei übrigens  auch um das Thema Höhenangst. Das passte besonders, denn ich hatte selbst Höhenangst. Mir hat total gut gefallen, nach welchen Ansätzen sie gearbeitet haben bzw. arbeiten. Alle Methoden basieren auf neurobiologischen und physiologischen Erkenntnissen. Das Bodenständige dabei hat mir gefallen und so bin ich heute zertifizierter SportMental-Coach.

Hast du diese Ausbildung also für dich gemacht – oder schon auch mit dem Gedanken, dieses Wissen an andere weitergeben zu können?

Heike Tharun   Sowohl als auch. Zum einen habe ich es für mich selbst gemacht, um auch noch einmal etwas Neues zu lernen, zu lernen mit Menschen zu arbeiten, was ich bis dahin noch nie in meinem Leben gemacht hatte. Es  ging aber auch darum, eine ergänzende berufliche Tätigkeit zu finden. Mit den Methoden, die ich gelernt habe, ist es mir gelungen, meine eigene Höhenangst in den Griff zu bekommen. Als ich gemerkt habe, dass diese Herangehensweise funktioniert, bin ich auf die Idee gekommen, dieses Knowhow weiter zu geben. Draußen zu sein, mit Menschen arbeiten, unterwegs sein, neue Erfahrungen machen – das alles war mir in Summe ganz wichtig.

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Wenn du alleine wanderst, tust du das bisher bevorzugt alleine. Ist es aber nicht so, dass sich gerade Frauen scheuen, alleine loszugehen?
ich glaube Frauen, gehören auch zu deiner besonderen Zielgruppe, oder?

Heike Tharun    Ich habe schnell gemerkt, dass ich gerne alleine gehe. Warum? Weil ich dabei meine Ruhe habe, meine Wege selbst wählen kann und mit niemandem darüber diskutieren muss, ich kann z.B. stehen bleiben und fotografieren, solange ich das möchte. Diese Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit liebe ich. Wenn ich von meinen Alleingängen erzählt habe, kam oft die Frage: „Was, Du bist ganz alleine unterwegs? Das würde ich auch gerne mal machen, traue mich aber nicht.“ Das waren in der Regel Frauen, stimmt. Mein Abschlussprojekt dieser Ausbildung  drehte sich dann auch tatsächlich um das Thema alleine wandern und ich habe ein Kurskonzept entwickelt, nachdem ich heute arbeite. Dabei hat sich dann herausgestellt, dass das Alleine-wandern auch Männer umtreibt.

Eine Webseite hattest du schon vorher, aber «heimatwandern.de» ist dann eine Weiterentwicklung?

Heike Tharun   Ja. Es geht einerseits darum, seine Ängste und Vorbehalte zu überwinden und das zu tun, was man gerne tun möchte draußen in der Natur. Das kann auf eine ganz neue, selbstbestimmte Art sein. Damit ist das  „vor der Haustüre unterwegs zu sein“ gemeint. Es gibt keinen besseren Weg die Region, in der man lebt, neu zu erkunden und zu entdecken, kleine Abenteuer, Mut zu erleben. Spannend ist es auch in den Bergen, in ungewohntem, forderndem Terrain zu wandern. Und andererseits genau dadurch sich selbst zu finden, mit sich selbst heimisch zu werden.

Du bist aber nun einmal nicht nur am wandern, du hast noch sogenannte weitere Leben! Du bist Ehefrau, Mutter und Großmutter, du hast ein weiteres berufliches Standbein. Hilft dir das Wandern den Rest im Griff zu haben?

Heike Tharun    Durch das Wandern habe ich mich frei geschwommen, habe eine neue Portion Selbstsicherheit und Selbstvertrauen gewonnen. Ich bin nicht nur beim Wandern sicherer geworden. Mein Blick hat sich verändert. Mir ist  es gelungen, neue Perspektiven auch in meiner anderen beruflichen Tätigkeit auszumachen. Ich gehe jetzt an die Sachen anders heran. Ich habe gelernt, im scheinbar Bekannten – der Heimat – Neues zu entdecken, das geht tatsächlich. Und dann wird es auch wieder spannend und interessant.

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Kannst du denn menschen, die auf der Suche sind, denn eine Botschaft mit auf den Weg geben?

Heike Tharun    Meine Botschaft lautet: „Geht einfach los“. Das muss nicht Wandern sein. Das kann alles mögliche sein. Man sollte den Ideen folgen, die man im Kopf hat. Sich selbst mit seinen Ideen ernst nehmen und diesen Ideen folgen und loslegen. Erfahrungen machen, verändern, anpassen – über diese Schiene kommt man mit der Zeit auf seinen Weg. Das geht nur über das Tun. Durch meine Ausbildung habe ich viel über Neurobiologie gelernt, wie das Gehirn arbeitet. Es ist biologisch notwendig, dass wir Erfahrungen machen. Auf der Couch sitzen und darauf warten, dass uns die Eingebung trifft, ist einfach Quatsch. Es kommt nur Neues in den Kopf, bzw. Verborgenes wird aktiv, wenn ich mich in Bewegung setze, meine Umgebung verändere, mit meinen Sinnen unmittelbar wahrnehme und mich inspirieren lasse. „Geh los!“, das ist meine Botschaft!

Kommen wir zu den persönlichen Fragen. Wie sieht der beste Moment des Tages für dich aus?

Heike Tharun   Wenn ich morgens früh um sieben, vom Mainzer Hartenberg über den Judensand und anschließend durch die Neustadt an den Zollhafen radele und dann das Stück am Rhein entlang fahre. Das ist für mich wirklich der beste Moment des Tages.

Was inspiriert dich?

Mich inspirieren Menschen. Bodenständige, ehrliche Menschen, die mit Leidenschaft und Herzblut ihre Sachen machen. Mich inspirieren außerdem Farben und Muster, klare Sprache mit Witz und Verstand und natürlich wandern. Am liebsten Querfeldeinwandern. Ich suche mir meinen Weg und zwar auf meine Art: kreuz und quer. Abseits der Hauptrouten, der Nase nach..

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Du bist ja Mainzerin – aber was liebst du hier ganz besonders?

Heike Tharun   An Mainz liebe ich besonders die naturnahen Gebiete. Dazu zählt für mich unten am Rhein zu sein. Das ist für mich das Gonsbachtal und die Gärten dort, ich mag es über die Felder zu gehen, die Römersteine, wo die Schafe weiden. Orte, wo Mainz ein bisschen dörflich ist. Ich mag es auch durch die verwinkelten Gassen jenseits der Augustinerstraße durch die Altstadt zu laufen

Und wie sieht dein perfekter Tag in Mainz aus?

Heike Tharun   Mein perfekter Tag sieht so aus, dass ich mit dem Bus oder dem Rad samstags morgens zum Wochenmarkt fahre, darüber schlendere, meine Einkäufe mache, ein bisschen bummele und noch ein Fleischwurstbrötchen essen. Abends ist es dann besonders schön, wenn die Familie kommt und mein Mann etwas gutes gekocht hat.

Welche Pläne hast du für die Zukunft?

Heike Tharun   Das Jahr geht ja langsam zu Ende und natürlich bin ich schon am Überlegen, wie es im nächsten Jahr mit Heikes Heimatwandern weiter geht. Grundsätzliche bleibe ich auf Kurs. Trainings und Coachings für Wanderer. Draußen, vor Ort in der konkreten Situation. Ich möchte in Zukunft andere Lebensbereiche einbeziehen; mir schweben Seminarwanderungen vor. Unter dem Motto „Vom Wandern fürs Leben lernen“. „Wegfindung“ könnte ein Thema sein. Karte und Kompass, Orientierung, Standortbestimmung, von der Natur auf andere Lebensbereiche übertragen, das sind Inhalte, mit denen ich mich im Moment beschäftige.

Und wer auf dem Laufenden bleiben will, wo besucht der dich?

Natürlich auf meinem Blog: www.heimatwandern.de

Herzlichen Dank, liebe Heike, für diese inspirierende Gespräch. Ich wünsche dir weiterhin eine gute Nase für den richtigen Weg!

Neugierig? Nix wie hin!

Heikes Heimatwandern (by Tharun Touren)

4 Gedanken zu „Mainz persönlich: Heike Tharun. Heimatwanderin.

  1. Heike Tharun sagt:

    Liebe Elke, wie schön, dass Du dich hier meldest und Dein Kommen signalisierst. Eine gemeinsame Wanderung visieren wir ja schon seit dem Westerwaldsteig an. Und dass Du was mitbringst und ich Dich unterstützen kann, das freut mich natürlich ganz besonders.

    Danke für Deine motivierenden Worte, die sind mir ganz wichtig um dranzubleiben. Menschen, die einen begleiten, bestätigen und sei es nur aus der Ferne, virtuell.

    Ganz liebe Grüße
    Heike

    PS: Danke Stefanie fürs Weiterleiten. Und ja, ich habe viel positive Resonanz bisher auf dieses Interview erhalten. Das tut richtig gut. Danke für Deine Unterstützung. 🙂

    • Stefanie sagt:

      Danke, liebe Heike, es war mir eine Freude, dieses Interview!
      Es ist ein spannender Weg, den du gehst und ich wünsche dir weiterhin nur das BESTe dafür.
      Viele Grüße
      Stefanie

  2. Elke sagt:

    Deinen Werdegang verfolge ich nun schon ein paar Jahre und bin fasziniert von Deiner Entwicklung, Deinem starken Willen weiter vorwärts zu gehen, die kleinen Seitenwege deiner Lebensspur mitzunehmen, immer weiter.

    Ich möchte, das schrieb ich schon einige Male, irgendwann einen Tag mit Dir verbringen und Dein Thema für 2018ff passt fantastisch zu dem, was ich mitbringe 😉

    Liebe Grüße
    Elke

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